Bei der Konferenz Bildung Digitalisierung ging es diesmal um Chancengerechtigkeit in einer zunehmend digitalen Schulwelt. Die digitale Kluft verläuft entlang verschiedener Dimensionen – alt und jung, männlich und weiblich, Land und Stadt. Bei Teach First Deutschland blicken wir vor allem auf die Nachteile, die durch unterschiedliche sozio-ökonomische Situationen der Kinder und Jugendlichen im digitalen Raum entstehen. Auf der Konferenz sind mir weitere Lücken bewusst geworden, denen wir uns als “Bildungs-Bubble” stellen sollten und ich habe für euch Lösungsideen, an denen Fellow Lara und ihre und Schülerinnen gearbeitet haben.
Alle rufen nach Vernetzung, doch wie schaffen wir echte Community?
Eigentlich haben wir alle wieder das gleiche Lied gesungen: Wir brauchen mehr Vernetzung und sollten voneinander lernen. Die AHA-Momente, der einsetzt wenn echter Austausch zustande kommt, ist immer bewegend, inspirierend und vor allen Dingen auch nötig. Die Lösung können nicht allein von den Schulen, den Edtechs, den NGOs oder der Wirtschaft allein kommen. Für mich wurden noch einmal weitere Dimensionen klar, zwischen denen eine Lücke zu Digitalem entstanden ist:
1. Kluft : Verständnis
Was meinen wir denn eigentlich genau mit Digitalisierung? Sagte die Wissenschaft nicht zuletzt, dass sie schlecht fürs Gehirn sei? Bringt das was, wenn die Hälfte des Kollegiums es sowieso ablehnt? All diese Fragen kommen immer wieder auf, wenn wir nicht ein gemeinsames Bild von digitaler Transformation und Bildung zeichnen, mit dem wir eine Zukunftsvision verfolgen.
Lösungsidee
Navigator Bildung Digitalisierung – Impulse für ein gemeinsames Verständnis digitaler Transformation. Mit einem echten Zielbild können wir erst in die gleiche Richtung rennen.
2. Kluft : Sprache
Sich die unterschiedlichen Sprachen bewusst machen, aus dem eigenen Kosmos rauszoomen und der Zielgruppe besondere Aufmerksamkeit schenken. Wenn wir wollen, dass unsere Handreichungen, Apps, Unterrichtsmaterialien etc. genutzt werden, müssen wir eine gute Balance finden aus Wissenschaftssprache, Bildungsorganisations-Denglisch, Lehrer:innenvokabular und Schüler:innensprech.
Lösungsidee
Fachwörter, Anglizismen, Abkürzungen, diversitätssensible Sprache – wie weit wollen wir gehen? Wann ist was die beste Beschreibung für neue Entwicklungen und wann verlieren wir Leute damit für neue Veränderungen rauszugehen?
3. Kluft : Zielgruppe
Auch hier ist Sprache eine Dimension, aber noch wichtiger ist das Einbeziehen und Testen, so wie die Ko-Kreation mit den Menschen für und mit denen wir arbeiten.
Lösungsidee
Intensives Kennenlernen der Zielgruppe, Communityarbeit und Testen von Anwendungen. Oder noch besser: gleich mit Schüler:innen in die Entwicklung gehen.
Diese drei spaltenden Dimensionen zu überwinden, ist so unfassbar schwer, denn dafür braucht es Stellen bzw. Arbeitsgruppen, die Wissen aufbauen, Austauschräume ermöglichen und in ihnen “Übersetzungsarbeit” leisten. Diese Personen müssen fähig sein, Inhalte zu kuratieren und Netzwerkpartner:innen zu verbinden. So etwas wird nicht so schnell gefördert, wie das Bauen der 100. Nachhilfe-App oder dem 200. Material zu Fake-News. Was können wir also tun?
Wissenschaft meets NGO meets Klassenraum: Lösungsansätze von Schüler:innen
Schülerinnen haben zusammen mit Fellow Lara Cevari und dem Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) einen Slot für die #KonfBG vorbereitet und ihre eigenen Lösungsideen für den Digital Divide einem randgefüllten Seminarraum vorgestellt. Das IWM gestaltet den Zukunftsraum, der bald auf lernen.digital erreichbar sein wird, und ein besonderes Augenmerk auf Partizipation von Schüler:innen legt.
Hierbei sind Maren und Irina des Instituts mit dem angepassten Material der Arbeitsgruppe Digital Equality Think Tank Medien und Informatik der PH Bern auf Teach First zugekommen. Daraufhin meldete sich Lara und hat mit ihren Schülerinnen Hanin und Fatima nicht nur Methoden des Instituts ausprobiert, sondern auch fünf konkrete Lösungsideen für den Digital Divide erstellt. Hier seht ihr ihre Vorschläge:
Gleichbehandlung von allen Schüler:innen
Digitalbetreuer:innen mit eigenem Raum
Echtes Wissen in die Schule
Schulnewsletter
Positivere Stimmung
Schaut euch hier die komplette Präsentation an.
Ganz nebenbei haben Hanin und Fatima gleich noch ihre Präsentationsfähigkeiten dadurch geübt und mit dem digitalen Designtool Canva rumexperimentiert, in dem sie die Präsentation gebaut haben. Sie waren die absoluten Expertinnen im Raum für die Challenges, die wir an Schulen in herausfordernder Lage haben und konnten den Teilnehmenden in ihrem Slot einen zum einen einen sehr guten Einblick in ihren Alltag geben, als auch Tipps von Menschen bekommen, die selbst schon durch Veränderungsprozesse gegangen sind.
All das konnte entstehen, weil sich Hanin, Fatima, Maren, Irina und Lara die Mühe gemacht haben Netzwerkarbeit zu betreiben, einander mitzudenken und zusätzlich Zeit investiert haben. Wir brauchen mehr Förderung dieser Metaprojekte und –prozesse, um eine ähnliche Sprache zu sprechen, mit der wir ein gemeinsames Verständnis für Digitale Bildung und mit ihm Lösungen für den Digital Divide finden können.
Über Laura Bender
Zusammen mit einem Windows 3.11 Rechner und einem AOL Modem, bin ich mit dem Internet aufgewachsen. Als Bloggerin vor der Instagram-Ära erlebte ich die Professionalisierung des Netzes aus erster Hand und wurde selbst Teil davon, als ich begann, meine Miete mit Internetjobs zu verdienen. Seitdem pflege ich eine passionierte On-Off-Beziehung zum Internet. Bei Teach First kann ich als Managerin für digitale Bildung an Schule mein Herzensthema mit einem kritischen Blick vorantreiben. Um Schüler:innen in herausfordernden Situationen zu ermöglichen, ihr (digitales) Leben selbst in die Hand zu nehmen, befasse ich mich täglichen damit, wie Bildungsgerechtigkeit und Digitalität zusammenhängen.