Recht und Gerechtigkeit in der Bildung
Um tatsächlich Gerechtigkeit im Bildungssystem verwirklichen zu können, gilt es, nicht wenige Herausforderungen zu meistern. Vor allen Dingen muss dringend darüber gesprochen werden. Schön, dass Elke Büdenbender, Schirmherrin von Teach First Deutschland, derselben Meinung war. Zusammen mit ihr und weiteren Gästen diskutierten wir am 12. Mai in der TU Dresden über das Thema „Recht und Gerechtigkeit in der Bildung“. Bei der Veranstaltung teilten unsere Gäste ihre eigenen Erfahrungen und Einschätzungen.
Şeyma Gizem Yildirim ist seit 2020 Fellow an einer Oberschule in Chemnitz und gewährte bei der Diskussion Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Die angehende Lehrerin aus Nordrhein-Westfalen studierte Literatur, Kultur und Medienwissenschaften – und wollte immer etwas verändern. Das kann sie jetzt als Fellow an ihrer Schule, zum Beispiel in der Einzelbetreuung. „Ich bin Fellow geworden, weil ich mit Menschen arbeiten und die Früchte meiner Arbeit direkt sehen wollte”, erklärte sie. Als Fellow stellt sie ihre Schüler:innen in den Fokus und ist für sie da – auch außerhalb des Unterrichts. Sie versteht sich mehr als Ansprechperson, denn als Vorbild, und unterstützt die Kinder im Kompetenzerwerb.
Mehr Möglichkeiten als eine normale Lehrkraft
Wichtig ist es ihr zudem, Netzwerke für Familien und Schüler:innen zu schaffen. Obwohl die Elternarbeit ein sehr wichtiger Bestandteil des Wirkungsfeldes der Schule sei, fehle jedoch oftmals die Zeit dafür, beklagte sie. Dennoch ist es ihr gelungen, den Kontakt in die Elternschaft zu finden und mit ihnen Beratungsgespräche zu führen. Möglich sei das aber nur, weil sie als Fellow keine normale Lehrkraft ist, die zu Hause noch Klassenarbeiten korrigieren muss. Für die Zukunft forderte sie, dass mehr Kinder auch ohne die Hilfe von Fellows bessere Bildungschancen bekommen, „damit Schule ein Ort ist, an dem jedes Kind gesehen und sein Potenzial entdeckt wird.”
Seit mehr als fünf Jahren verantwortet Umut Savac das Thema „Corporate Social Responsability“ bei Barclays. Der ehemalige Fellow aus Hamburg und heutige Alumnus von Teach First Deutschland ist neben seiner Tätigkeit als Diversity-Manager auch in der Lehrer:innenausbildung aktiv. An seinen Felloweinsatz hat der studierte Politologe und Kriminologe nur gute Erinnerungen: „Wie die Kids in der Schule auf mich reagiert haben, das Interesse an mir als Person – da kriege ich auch heute noch Gänsehaut.“
Wertvolle Erfahrungen sammeln
Die Zeit bei Teach First bezeichnet er als die besten zwei Jahre für seine persönliche und für seine Karriereentwicklung. In seinem Fellow-Einsatz brachte er nicht nur seine eigenen Stärken im Projekte-Organisieren und Vernetzen beim Aufbau der Ganztagsangebote seiner Schule ein. Zugleich konnte er sich ausprobieren und herausfinden, was er sich von Beruf und Karriere wünscht. Wichtig für ihn war dabei auch die Erfahrung der Selbstwirksamkeit. „Es geht darum, Räume kreativ auszufüllen. Das habe ich bei Teach First Deutschland gelernt und auch heute noch für meinen Arbeitsalltag mitgenommen.”
Gute Bildung ist der Schlüssel
Während Anna Holzscheiter, Professorin für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Internationale Politik an der TU Dresden, den Blick im Gespräch auf den internationalen Aspekt von globaler Gerechtigkeit lenkte, ging der Unternehmensberater Dr. Arist von Hehn insbesondere auf den Lehrkräfteberuf, die -ausbildung und die Qualität der Lehre ein. Bildungsgerechtigkeit ist für den Mitgründer und Gesellschafter von Teach First Deutschland ein sehr nachhaltiges Thema, das auch eine strukturelle und systemische Arbeit miteinschließt: „Das System zu verändern, ist als einzelne Person nicht möglich, aber gemeinsam geht das schon.” Die Kombination von Fellows und Alumni:ae, die alle Veränderung wollen, ist für ihn dabei ein entscheidender Faktor.
Wie die anderen Diskutanten betonte auch von Hehn, dass Bildung die einzige Chance sei, um Menschen aus schwierigen Hintergründen herauszubringen. Elke Büdenbender forderte in diesem Sinne, dass wir Kindern über ihre Herkunftsfamilien hinaus zeigen müssen, was möglich ist – und Ermutigung dabei ein ganz wichtiger Punkt sei. Dies sei auch der Weg von Teach First Deutschland, weshalb sie vom Konzept der Bildungsorganisation so überzeugt sei. Es gehe darum, Menschen zu finden, die einem Wege aufzeigen. Dazu gehöre es auch, in die Schulen und Familien zu gehen und die Eltern miteinzubinden. Es sei wichtig, Kindern aus schwierigen Umfeldern in eine Schullaufbahn zu bringen, die ihnen Freude macht.
Die Diskussion im Gesamten drehte sich nicht nur um die vielen Herausforderungen im Bildungssystem, sondern auch um Lösungsansätze. So groß die Aufgaben auch sein mögen, einig waren sich die Gäste in einem: Es braucht Menschen, die etwas verändern und die Verantwortung übernehmen wollen. Das können engagierte Lehrkräfte ebenso sein wie Sozialarbeitende, Trainer:innen – oder eben unsere Fellows und Alumni:ae.
Nach dem Leadership-Talk wurde die Diskussion bei einem Getränk fortgeführt. Diese Gelegenheit nahmen zahlreiche Studierende, Fellows und auch unsere Podiumsgäste gerne an, um sich in ungezwungener Atmosphäre auszutauschen und Teach First Deutschland noch besser kennenzulernen.