Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag wurde aus dem englischen Original übersetzt und editiert.
Ein Beitrag von Gustavo Rojas Ayala
Was haben Videospiele und gutes Führungsverhalten gemeinsam? Eine Antwort darauf hat Gustavo Royas Ayala. Der ausgebildete Journalist war Lehrer bei Enseña Chile und leitet heute den wichtigsten bildungspolitischen Think-Tank Mexikos
Während ich die wichtigsten Ideen für meinen Impulsvortrag vorbereitete, erinnerte ich mich daran, was mich eigentlich ins Bildungswesen gebracht hatte. Als frisch gebackener Journalist hatte ich Mühe, Bildung als Mittel einzusetzen, um den Status quo und die damit verbundene soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit in Frage zu stellen. Aber ich fand eine Option. Ich nahm an einem Projekt teil, das Sechstklässler:innen aus öffentlichen Schulen die Möglichkeit bot, in einer Radiosendung namens Niños Al Volante (Kinder am Steuer), zu politischen Analysten zu werden. Durch dieses Projekt wurde ich Zeuge der positiven sozialen und intellektuellen Entwicklung von Schüler:innen, die fälschlicherweise als Störenfriede abgestempelt wurden. Bei unserem Abschlusstreffen sagten die Eltern der Schüler:innen, dass sie nicht nur sehr motiviert seien, sondern dass sich auch ihre Schulnoten verbessert hätten und dass sie disziplinierter geworden waren. Als sie mich fragten: „Was haben Sie mit ihnen gemacht?“ wusste ich nicht, was ich darauf antworten sollte. Aber der Wille, dieser Frage nachzugehen, katapultierte mich in meinen neuen Beruf als Lehrer in La Araucania, in die ärmste Region Chiles.
Gustavo erkannte als Lehrer, dass er auch dazu da war, einen Zufluchtsort für mutige junge Frauen zu schaffen, damit sie ihre Geschichten annehmen und von Dingen träumen konnten, von denen man ihnen gesagt hatte, sie seien unerreichbar.
In Cunco, einem kleinen und schönen Dorf, das ich immer noch gerne mein Zuhause nenne, wurde ich Lehrer für Spanisch und Literatur für mehr als 350 Schülerinnen. Anfangs dachte ich, dass ich ihnen beibringen sollte, wie man die Welt um sich herum durch Literatur erkundet und wie man durch neue Kenntnisse und Fähigkeiten bessere Chancen erhält. Aber nach meinen ersten unvergesslichen Wochen des Scheiterns als Lehrer wurde mir klar, dass ich auch dazu da war, einen Zufluchtsort für mutige junge Frauen zu schaffen, damit sie ihre Geschichten annehmen und von Dingen träumen konnten, von denen man ihnen gesagt hatte, sie seien unerreichbar. Diese Schülerinnen lehrten mich, was es bedeutete, in ihren sozialen Umfeldern ein Mädchen zu sein. Es war das einundzwanzigste Jahrhundert, doch ihre Familien hielten sie nicht für fähig, eine berufliche Laufbahn einzuschlagen, nur weil sie Frauen waren. Diese Erfahrung hat mein Leben verändert. Bevor ich Lehrer wurde, hatte ich ein Gefühl für die Sinnhaftigkeit des Berufes. Nachdem ich als Lehrer gearbeitet habe, entwickelte sich daraus ein starkes Verantwortungsgefühl. Beide waren wesentliche Faktoren für die Karriere, die ich nach meinen zwei Jahren im Klassenzimmer, der Arbeit mit Enseña por Mexico und dann wieder mit Enseña Chile eingeschlagen hatte. Die Vision, durch Bildung eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, erforderte Maßnahmen in verschiedenen Rollen. Um einen Systemwandel herbeizuführen, muss man sich selbst verändern, und ich fand, dass für andere da zu sein der beste Weg war, um dieses Verantwortungsgefühl und mich weiter zu entwickeln. Durch neue Aufgaben und Herausforderungen wuchs ich zu einer Führungskraft heran, mit dem Ziel Menschen und Gemeinschaften zu unterstützen und dafür meine größer werdende Reichweite und Wirkung zu nutzen.
Um also starke Teams und Organisationen aufzubauen oder Allianzen und Koalitionen zu schmieden, ist die Pflege von Beziehungen, die auf Vertrauen, gegenseitigem Respekt und Gegenseitigkeit beruhen, unerlässlich.
Auf dieser Reise habe ich auch eine große Wertschätzung für den transformativen Wert des Aufbaus tiefer und bedeutungsvoller Beziehungen entwickelt. Natürlich sind Budgets, Gesetze und Vorschriften, Strategiepläne und Leistungsbeurteilungen wichtig. Aber Veränderungen in einem Unternehmen, egal auf welcher Ebene, haben immer etwas mit der Einstellung und dem Verhalten der Menschen zu tun. Um also starke Teams und Organisationen aufzubauen oder Allianzen und Koalitionen zu schmieden, ist die Pflege von Beziehungen, die auf Vertrauen, gegenseitigem Respekt und Gegenseitigkeit beruhen, unerlässlich. Wenn Beziehungen genauso wichtig werden wie die Vision und die Ziele, die man sich gesetzt hat, dann hört die Arbeit auf, sich wie ein Job anzufühlen, und wird zu einer Lebensaufgabe, die man mit anderen auf eine Weise teilt, die für einen persönlich sinnvoll ist. In den 12 Jahren, die seit meinem ersten Tag als Lehrer vergangen sind, hatte ich die Möglichkeit, intellektuell und beruflich zu wachsen, indem ich komplexe Probleme mit Menschen löste, deren Gesellschaft ich genoss. Ich habe keine empirischen Beweise für diese Behauptung. Aber ich glaube, dass ein großer Teil der Wertschätzung, die Führungskräfte für ihre institutionelle und persönliche Mission empfinden können, darauf beruht, wie sehr sie die Menschen wertschätzen, mit denen sie zusammenarbeiten.
Es ist von großem Vorteil, Führungsaufgaben wie ein Abenteuer, ein Videospiel wahrzunehmen.
Insgesamt habe ich gelernt, dass das Wachsen als Führungskraft auch bedeutet, Freude und Spaß am Umgang mit Unsicherheit und Komplexität zu finden. Jenseits des alltäglichen Bildes vom Verlassen der Komfortzone liegt hinter herausfordernden Momenten meistens eine wichtige Entwicklung: Etwas, das man zuvor ignoriert hat – nicht nur in sich selbst, sondern auch in der intellektuellen und operativen Verantwortung, die man als Führungskraft trägt. Um es offen zu sagen: Es ist von großem Vorteil, Führungsaufgaben wie ein Abenteuer, ein Videospiel wahrzunehmen. Wo immer neue und aufregendere Etappen warten und wo Spaß wesentlich ist, um immer besser zu werden und mit Begeisterung neue Herausforderungen zu meistern.