Leadership in der Schule – Wie Fellows jeden Tag Veränderung bewirken
Im Leadership-Programm lernen wir, Verantwortung zu übernehmen. Dabei bewegen wir uns auf drei Verantwortungsebenen Leading self, Leading students und Leading systems. Theoretisch ist es ganz einfach: Wir übernehmen Verantwortung für unseren eigenen Lernerfolg (leading self), für die Entwicklung unsere Schüler:innen (leading students) und für systemische Veränderungen in unsere Gesellschaft (leading systems) Doch was bedeutet das in der Praxis konkret? Sichtbar wird Leadership zum Beispiel in einem Bewerbungstraining für Schüler:innen in Hamburg.
Wie können Schüler:innen das Bewerben für Ausbildungsplätze üben?
Die 10. Klasse ist nicht nur das Jahr, in dem die Schüler:innen in Hamburg ihren ersten oder mittleren Schulabschluss ablegen, es ist auch das Jahr, in dem sie sich auf Ausbildungsplätze bewerben!
Das Schreiben von Bewerbungen können wir in der Schule gut üben, bei Vorstellungsgesprächen ist es viel schwieriger, sie realitätsnah nachzustellen. Ich entschied mich daher für die Organisation eines Bewerbungstrainings als Corporate Volunteering Veranstaltung. Ernst&Young stellte dafür Mitarbeitende einen Tag frei, sodass nicht die den Schüler:innen gut bekannten Lehrkräfte die Gespräche simulierten, sondern sie professionelle Gespräche und Feedback erlebten.
Im Vorfeld haben die Schüler:innen Ausbildungsplatzangebote zu dem jeweiligen Ausbildungsberuf herausgesucht, für den sie sich bewerben möchten. Für dieses reale Angebot haben sie anschließend eine vollständige Bewerbung erstellt.
Was hat das Bewerbungstraining mit Leadership zu tun?
Im Vorfeld der Simulation haben die Volunteers und ich uns zu einem Briefing getroffen. Ziel der Simulation ist es, dass die Schüler:innen ein ehrliches Feedback bekommen und gleichzeitig eine positive Erfahrung machen, damit sie motiviert und gestärkt in reale Bewerbungsgespräche gehen können.
Dieser Spagat war schwierig und ein sensibles Briefing erwies sich als äußerst wichtig, natürlich musste es jeweils individuell unterschiedlich auf die Schüler:innen zugeschnitten sein. Dabei galt es für mich die Informationsmenge abzuwägen, die den Volunteers über die einzelnen Schüler:innen zur Verfügung steht. Je mehr Informationen den Volunteers vorliegen, desto besser können sie diesen Spagat bewältigen und die Schüler:innen sollen von dieser Übungssituation ein möglichst nützliches Feedback für die kommenden Bewerbungsgespräche bekommen. Gleichzeitig liegen dem Arbeitgeber in einer realen Bewerbungssituation nur begrenzt viele Informationen über die Bewerber:innen vor, die diese zudem weitgehend selbst auswählen. Und es sollte natürlich eine möglichst realistische Situation simuliert werden.
Das Feedback der Volunteers war für mich in meiner Arbeit mit den Schüler:innen hilfreich. Als Fellows stehen wir immer wieder vor der Frage, bis zu welchem Grad wir die Schüler:innen bei Bewerbungen unterstützen sollten. So waren die Bewerbungsunterlagen teils unzureichend, um zu einem Gespräch eingeladen zu werden. Im Gespräch haben die Schüler:innen dann aber überzeugt.
Leading Self
Fellows erlernen im Leadership-Programm Strategien, um im Umgang mit adaptiven Herausforderungen Lösungsideen zu entwickeln und Fortschritte zu erzielen. Fellows lernen achtsam mit sich und ihrem Umfeld umzugehen und situationsbezogen zu handeln. Genau, wie ihrer Schüler:innen nehmen sie sich Zeit für Reflektion und entwickeln ihre Kompetenzen jeden Tag weiter.
Was konnte ich für meine eigene Entwicklung in der Unterstützung meiner Schüler:innen mitnehmen?
Leading Students
Was konnten meine Schüler:innen aus dem Bewerbungstraining mitnehmen?
Für die Entwicklung der Schüler:innen hatte ich zwei Ziele – einerseits Mut und Motivation für Vorstellungsgespräche aus dem Training mitzunehmen, andererseits konkrete Tipps hierfür zu bekommen.
Die Simulation nahm den Schüler:innen die Angst vor der neuen, unbekannten Situation des Bewerbungsgesprächs. Die Schüler:innen wurden motiviert, ihre Bewerbungen für Ausbildungsplätze fertigzustellen und abzuschicken.
Bekommt man in realen Bewerbungsgesprächen nur sehr selten eine Rückmeldung zum eigenen Auftreten im Gespräch, war dies im Bewerbungstraining ganz anders. Die Schüler:innen profitierten sehr vom ausführlichen Feedback der Volunteers. Sie erhielten wertvolle Tipps, wie sie mit ihrer Biographie und ihren Kompetenzen im Vorstellungsgespräch überzeugen können. So ist z.B. die Mehrsprachigkeit vieler Schüler:innen ein Pluspunkt bei allen Berufen mit Kundenkontakt. Sie verweist darüber hinaus auf besondere kognitive Leistungen. Die Volunteers konnten den Blick der Schüler:innen dafür schärfen, welche ihrer Kompetenzen für den Arbeitsmarkt relevant sind. Plötzlich gerieten Alltagsbeschäftigungen in den Fokus, die den Schüler:innen zunächst wenig bedeutsam erscheinen. Die Mitgliedschaft im Sportverein, das regelmäßige Training stellen Durchhaltevermögen unter Beweis. Das Babysitten zeigt verantwortungsvolles Verhalten und Verlässlichkeit.
Mit ihrer Aufsteigerbildungsbiographie boten einige Volunteers zudem ein hohes Identifikationspotential für die Schüler:innen. Sie fungierten als Vorbilder, die die Schüler:innen ermutigten, einen ähnlichen Weg zu gehen, und gleichzeitig darüber berichten konnten, wie sie mit Hindernissen umgegangen waren.
Leading Systems
Welche (kleinen) systemischen Veränderungen konnte ich mit dem Bewerbungstraining anstoßen?
Mein Fazit
Über Ines
Ines Ayeb ist seit August 2021 als Fellow im Programmschwerpunkt Sicherer Übergang in drei 9. Klassen der Brüder-Grimm-Schule in Hamburgs Osten eingesetzt. Zuvor hat sie in Freiburg Gymnasiallehramt für Mathematik, Französisch und Politik- und Wirtschaftswissenschaft studiert. Neben ihrem Studium begeisterte sie Schüler*innen in Workshops für Themen der politischen Bildung und des Globalen Lernens.
Ihr Motto als Fellow: „Anker und Mutmacherin für die Schüler*innen sein in einer Zeit der Unsicherheit und zunehmender Bildungsungerechtigkeit!“