24. Januar 2023

Durch „Creative Swap“ die Medienkompetenz von Jugendlichen stärken

Wie das Projekt „Creative Swap“ (nicht nur) die Medienkompetenz von Jugendlichen stärkt – und wie du es an deine Schule holen kannst. Ein Blogbeitrag von Fellow Katharina Werner.

„Frau Werner, was heißt nochmal ‚nachträglich‘ auf Englisch? Hamza (Name geändert) hatte gestern Geburtstag und ich würde ihm gerne gratulieren.“ So beginnt für mich der zweite Workshop innerhalb des Projekts „Creative Swap“. Mein Schüler Tim (Name geändert) hatte sich schon letzte Woche mit Hamza bei Snapchat vernetzt und scheinbar herausgefunden, dass dieser Geburtstag hatte. Genau hier zeigen sich für mich bereits die beiden größten Errungenschaften des Projekts: der interkulturelle und freundschaftliche Austausch sowie die Auseinandersetzung der Jugendlichen mit Social Media. Was genau Creative Swap ist, wie dieses Projekt konkret abläuft und inwieweit Creative Swap u.a. die Medienkompetenz von Jugendlichen stärkt, möchte ich gerne hier erzählen.

Creative Swap – durch Medienkompetenz Jugendliche stärken: Was genau steckt hinter Creative Swap?

Creative Swap ist ein von der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke initiiertes Projekt, das von der Agentur „Friendzone.Studio“ konzipiert und umgesetzt wird sowie vom Goethe-Institut Istanbul gefördert wird.

Im Projekt begegnen sich jeweils eine türkische und eine deutsche Schulgruppe – und das alles digital. Ziel von Creative Swap ist es, die Medienkompetenz der Jugendlichen zu stärken, indem diese ihre eigene Nutzung hinterfragen, reflektieren und sich darüber austauschen. Zentral dabei sind die sogenannten Challenges: Die Schüler:innen bekommen zum jeweils nächsten Workshop den Auftrag, Fotos zu machen – von sich selbst, ihrer Umgebung oder ihren Hobbies, je nach Schwerpunktthema.

Die von den Jugendlichen gemachten Fotos werden als digitale Ausstellung auf Instagram veröffentlicht – ein Medium, das der Alltagswelt der Jugendlichen besser entspricht als jedes Museum. Das ist nicht nur schön „anzusehen“, sondern stärkt auch die Selbstwirksamkeit der Jugendlichen, deren Vornamen auf dem Instagram-Kanal erscheinen.

Wie läuft das Projekt ab?

Nachdem ich auf Creative Swap aufmerksam geworden bin, habe ich mich mit einer Projektkoordinatorin der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke in Verbindung gesetzt und mein Interesse an dem Projekt geäußert. Wenige Wochen später erhielt ich eine Mail mit einer Zusage, dass für meine Schule eine Partnerschule in der Türkei gefunden wurde. Bei der Schule handelte es sich um eine Sekundarschule in Ereğli, ca. 280 km von Istanbul entfernt und direkt am Schwarzen Meer gelegen.

Die weitere Kommunikation und Organisation übernahm dann eine Mitarbeiterin der Agentur „Friendzone.Studio“. In einem Videocall mit ihr und der verantwortlichen Lehrerin in der Türkei konnten wir uns kennenlernen und die wichtigsten Fragen klären. Anschließend vereinbarten die türkische Lehrerin und ich in einem weiteren Call die Workshoptermine sowie das Schwerpunktthema „Identität“.

Im Rahmen der Workshops reflektieren die Schüler:innen ihre Mediennutzung, erproben am Beispiel Instagram neue Wege des Umgangs mit sozialen Medien und lernen, sich im digitalen Raum sicher zu bewegen. Angeleitet von den Expert:innen setzen die Teilnehmenden ihre Ideen in Fotoprojekten um, erlernen Grundtechniken der Fotografie und erstellen ihre eigene Online-Ausstellung.

Schüler:innen an einem Tisch mit verschiedenen mobilen Endgeräten, mit denen sie arbeiten

Kennenlernen, Fotos machen und sich austauschen

Insgesamt wurden drei Workshops à 90 Minuten durchgeführt. Das Tolle daran: Meine Aufgabe bestand lediglich darin, die organisatorischen und logistischen Rahmenbedingungen zu klären (Buchung eines Raums, der mit einem Beamer ausgestattet ist, Bereitstellen von digitalen Endgeräten, Einteilung der Schüler:innen in Gruppen). Abgesehen davon übernahm Friendzone.Studio die Durchführung der Workshops und sogar die Kommunikation mit den Jugendlichen. Im stressigen Fellow-Alltag kam mir das sehr gelegen!

Während der erste Teil des ersten Workshops noch aus einem Kennenlernen sowie kurzen Umfragen an die Schüler:innen bestand (z.B. „Welche Orte in eurer Stadt würdet ihr den anderen Schüler:innen gerne zeigen?“ Oder: „Was ist dein Lieblingsessen?“), war der weitere Ablauf aller drei Treffen mehr oder weniger gleich.

Zunächst gab es eine kurze Inputphase, in der die Projektkoordinator:innen den Jugendlichen gezeigt haben, welche Rolle bspw. das Licht oder die Perspektive beim Fotografieren spielt.

Medienkompetenz stärken, indem sie ihr eigenes Social-Media-Verhalten reflektieren

Anschließend kam es zum Herzstück des Workshops: dem Austausch zwischen den Jugendlichen. Jeweils in Kleingruppen begegneten sich die türkischen und deutschen Schüler:innen und diskutierten mithilfe von Worksheets verschiedene Fragen, die sich u.a. auf ihr eigenes Social-Media-Verhalten und die Auswirkungen davon bezogen. „Ich kann kein Englisch“ oder „Ich traue mich nicht, was zu sagen“ habe ich am Anfang oft gehört. Am Ende des Videocalls konnten die Jugendlichen aber gar nicht aufhören, miteinander zu sprechen – und dabei ging es längst nicht mehr um die Workshopinhalte.

Abschließend erhielten die Jugendlichen eine sogenannte Challenge: Sie sollten selbst Fotos machen; zunächst allein und in der darauffolgenden Woche innerhalb ihrer Kleingruppe. Diese Fotos wurden zu Beginn des nächsten Workshops gezeigt und kommentiert. Dieses professionelle Feedback von Expert:innen empfand nicht nur ich als äußerst wertschätzend – oft habe ich in den Gesichtern meiner Schüler:innen ablesen können, wie sehr sie sich darüber freuten und daran wuchsen.

Blick auf die Leinwand, auf den der Beamer einen Teams-Call, in dem Grafiken präsentiert werden, wirft

Per Videocall mit den Schüler:innen in der Türkei verbunden. Das Online-Programm „Creative Swap“ der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke fördert die Social Media-Kompetenz junger Menschen und verbindet sie mit interkulturellem Austausch.

Creative Swap – durch Medienkompetenz Jugendliche stärken: Erweiterung der Selbst-, Sozial- und Medienkompetenz

Das Projekt „Creative Swap“ scheint mir im Nachhinein wie auf Teach First Deutschland zugeschnitten zu sein. Warum? Das Projekt fördert zum einen die Selbstwirksamkeit der Schüler:innen: Sie erfahren, dass die von ihnen eingereichten Lernprodukte (Fotos) individuell begutachtet, gewertschätzt und sogar veröffentlicht werden. Zum anderen kommunizieren die Jugendlichen im Rahmen der Kleingruppenarbeit teilweise auf Englisch, teilweise auf ihrer Muttersprache mit Schüler:innen aus einem anderen Land. Das fördert nicht nur das Selbstbewusstsein der türkeistämmigen Jugendlichen, sondern auch aktiv die Sozial- und (Fremd)Sprachkompetenzen. Und das Beste: Die Kommunikation zwischen den Projektkoordinator:innen und den Schüler:innen fand immer auf Augenhöhe statt.

Zuletzt – und insbesondere für mich als Digi-Fellow von Interesse – hat das Projekt die Medienkompetenz der Schüler:innen auf vielfältige Weise gestärkt. In Bezug auf die Medienkompetenzmatrix wurden alle drei zentralen Parameter abgedeckt:

  1. Medien bedienen & gestalten: Die Jugendlichen lernen, mit einer für Schul- und Berufsleben relevanten Videosoftware umzugehen. Sie erstellen eigene Fotos, bearbeiten diese ggf. und lassen sie durch das Projekt auf einem Instagram-Kanal veröffentlichen. Die Ergebnisse sind dank der Plattform Instagram einer breiten Öffentlichkeit bis heute einsehbar.
  2. Persönlichkeitsbildung: Im Austausch mit den türkischen Jugendlichen reflektieren die Jugendlichen ihren Medienkonsum und tauschen sich darüber aus. Durch die Inputs zum Thema Fotografieren erkennen die Schüler:innen, wie Fotos entstehen und wie diese ggf. zur Manipulation eingesetzt werden können
  3. Teilhabe: Die Jugendlichen erstellen kollaborativ eine Fotoserie zu einem selbst gewählten Thema und tauschen sich darüber aus. Darüber hinaus haben sie sich außerdem über Instagram, WhatsApp und Snapchat vernetzt und stehen auch heute noch in Kontakt.

Das sagen die Schüler:innen über das Projekt

„Es tat gut, dass wir auch mal in einer anderen Sprache gesprochen haben und nicht immer nur auf Deutsch.“

„Ich bin immer noch in Kontakt mit den türkischen Schülerinnen und wir tauschen uns regelmäßig über soziale Medien aus.“

„Jetzt kann ich mir viel besser vorstellen, wie das Leben in der Türkei so ist, wie die Schulen dort aussehen oder was die Jugendlichen dort so essen.“

„Es war total schön, neue Leute aus einem anderen Land und ihre Sichtweisen kennenzulernen.“

„Wir haben uns alle richtig schnell gut verstanden und angefreundet – das war etwas ganz Besonderes für mich.“

Creative Swap – durch Medienkompetenz Jugendliche stärken: Was muss ich tun, damit Creative Swap auch an meine Schule kommt?

Zu Beginn kann ich sagen: Das Planen und Organisieren war aufgrund der engen und professionellen Betreuung durch die Deutsch-Türkische Jugendbrücke und Friendzone.Studio ganz einfach. Ein paar Punkte solltest du aber beachten, um das Projekt an deiner Schule umzusetzen:

  1. Überlege, in welchem Rahmen du die Workshops durchführen lassen kannst: An meiner Schule wurde das Projekt in der Unterrichtszeit des Fachs „Darstellen und Gestalten“ umgesetzt. Möglich sind sicher auch Projekttage, AGs oder ggf. sogar der Englischunterricht.
  2. Stelle sicher, dass eure Schule über die notwendigen technischen Geräte verfügt, d.h.: ein mit Beamer und Whiteboard ausgestatteter Raum und – je nach Anzahl der Gruppen – genügend digitale Endgeräte (Tablets/Laptops), auf denen du Zoom installieren kannst.
  3. Plane im Voraus: Von dem ersten Kontakt mit der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke bis zum ersten Workshop sind ungefähr drei Monate vergangen. Das lag vor allem daran, dass schulinterne Aktivitäten (Projekttage, Praktika, Konferenzen) dazwischengefunkt haben.
  4. Begleite deine Schüler:innen während des Projekts: Manche Jugendliche waren unsicher (auch wegen kleinerer sprachlicher Barrieren), was genau sie bei den unterschiedlichen Challenges machen sollten. Schau‘ daher, dass alle Schüler:innen auch tatsächlich ein Foto einreichen. Falls das nicht geschieht, bekommen sie nicht das so wichtige und wertschätzende Feedback.

Du hast Interesse? Dann nimm Kontakt zur Deutsch-Türkischen Jugendbrücke auf, am besten über die Programmmanagerin Alina Karadeniz (karadeniz@jugendbruecke.de).

Auf dem Instagram-Kanal von Creative Swap (@creative_swap) kannst du dir verschiedene Online-Ausstellungen anschauen.

Fotografie einer pinken, leicht schneebedeckten Rose, im Hintergrund unscharf eine eingeschneite Stadtlandschaft zu sehen

Bilder aus dem Projekt

Portrait von Katharina Werner vor einer eingeschneiten Landschaft

Katharina arbeitet seit Dezember 2021 an ihrer Einsatzschule und ist auch Digi-Fellow. Ihr Einsatz wird durch die RAG-Stiftung gefördert. An ihrem Digi-Fellow-Dasein gefällt ihr, dass ihr Freiraum gegeben wird, spannende und innovative Methoden und Tools auszuprobieren. Darin sieht sie eine Möglichkeit, die (digitale) Alltagswelt der Jugendlichen mit Lerninhalten zu verknüpfen und diese so attraktiver aufzubereiten. Besonders Spaß machen ihr dabei alle Aktivitäten und Projekte, die die Kreativität ihrer Schüler:innen fördern – wie z.B. durch das Creative Swap Projekt.

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